Knigge fürs Wandern
29. März 2017 – von Franziska Richard
Wird der Gipfelwein und -kuss noch immer gepflegt? Darf man den Landwirten über die Wiesen gehen? Unbedarft aus Brunnen und Flüssen trinken? Wie stehts mit Kühen und ihren Hörnern? Fragen über Fragen. Der Wander-Knigge schafft Klarheit.
Vom Einmaleins des genuss- und stilvollen wie auch politisch korrekten Wanderns.
Gipfelwein für Angekommene?
Die Asketen sind zwar strikte dagegen, doch das Gros der Bergwanderer ist durchwegs zu haben für einen kleinen Apéro auf dem Berg, der, in Kombination mit dem Gipfelkuss, noch immer gepflegt wird. Selbstverständlich darfs nichts Wuchtiges sein. Der klassische Gipfelwein ist ein süffiges, einfaches weisses «Wyli», das man in vernünftigen Dosen auf den Berg trägt. Schnaps wird eher im Winter getrunken – im Irrglauben oder mit der Ausrede, dass er wärmt.
Bäche und Brunnen
Auf die Frage, aus welchen Bächen und von welchen Brunnen man trinken kann, gibt es keine so klare Antwort. Der als Wanderführer und Fotograf tätige Peter Allenbach findet, dass man dem Brunnenwasser bei Hütten in der Regel trauen kann. Wo es allerdings Sumpf gibt und Tiere, rät er davon ab. Im Weiteren ist für ihn entscheidend, ob man sich oberhalb der Zivilisation oder unterhalb befindet. Auf Auge und Nase kann man sich durchwegs verlassen.
Blumen für Daheimgebliebene?
«Fotografieren statt pflücken», rät Jakob Burn, einer der grossen Blumenkenner Adelbodens. Zwar gibt es im Kanton Bern – neben den Blumen mit «vollständigem Schutz» – die Abstufungen «5 Stück möglich» (beispielsweise bei den Enzianen) oder «In Massen pflücken verboten» (Schlüssel- und Trollblumen, Aprilglocken etc.), doch schade findet es Jakob Burn dennoch für jede gepflückte Blume. In Adelboden wachsen zwanzig verschiedene wilde Orchideenarten, besonders verbreitet sind sie im Gebiet Geils-Hahnenmoos. Keine Raritäten sind denn auch Enziane, Anemonen und Alpenrosen. Letztere sollen für die Bauern im Geils-Chumi gar eine Plage sein.
Bitte nicht betreten
Den Landwirten über ihre Wiesen zu gehen, ob das Gras kurz, lang oder gerade gemäht ist, gilt ganz einfach als Unsitte. Das war früher so und ist es heute noch. Es findet sich immer ein Weg, man muss ihn nur suchen. Dankbar sind Landwirte den Wanderern auch, wenn sie die Durchgänge stets schliessen.
Freches Vieh
Picknicken in der Nähe von Ziegen und Schafen ist nicht zu empfehlen, will man seinen Proviant nicht mit ihnen teilen. Kühe gelten zwar als gemächlich, doch als «Distanztiere» neigen sie relativ schnell zu Abwehrreaktionen wie Ausschlagen. Kühen kann es wie uns ganz einfach zu eng werden. Stiere gelten als unberechenbar, sie sind in der Regel jedoch nicht frei auf den für Wanderer zugänglichen Weiden. Nicht frecher, aber immer zutraulicher werden die Tiere in der Höhe: Gämsen, Steinböcke und Bergdohlen. Die Bergvögel kann man mit Futter mittlerweile gar auf seine Knie locken. Respekt vor kleinen Tieren ist dann und wann auch angebracht. Immerhin hat das niedliche zahme Adelbodner Murmeli, das alle so lieben und von welchem es mittlerweile gar einen Film gibt, zwei Personen so übel gebissen, dass sie gleich ins Spital mussten. Wer will schon immer gehätschelt werden?
Apropos Wanderparadies Adelboden: Wir haben für Sie ein paar tolle Wanderangebote zusammengestellt, für jeden Geschmack und jede körperliche Verfassung. Und schliesslich stecken wir Ihnen in der Sommersaison (bis 16. Oktober) den Wanderpass kostenlos in die Tasche. Er gewährt freie Fahrt auf allen Bussen und Bergbahnen von Adelboden und Kandersteg.