Die Poesie des Fusses und seine Schonung
19. April 2017 – von Franziska Richard
Der Mensch ist eitel. Das ist mit ein Grund, weshalb er für seine Füsse wenig Schonung kennt. Schön muss der Schuh sein, nicht etwa bequem. Dabei sind Füsse wahre Wunderwerke, die nicht genug gehegt und gepflegt werden.
Füsse hat der Mensch einfach, das glaubt er jedenfalls. Doch vor geraumer Zeit – vor ca. 1,8 Millionen Jahren – ging er noch auf allen Vieren, und von wirklichen Füssen kann nicht die Rede sein. Doch dann kam das, was ihn – zumindest äusserlich – zum Menschen machte: seine Aufrichtung.
Mit seinem neuen aufrechten Gang erhielt der Homo erectus im wahrsten Sinne eine neue Perspektive, die ihn auch körperlich veränderte, fundamental. Von nun trug er sein ganzes Gewicht auf zwei Füssen, auch die Wirbelsäule nahm eine neue Gestalt an. Gewisse Evolutionsforscher wundern sich, weshalb die Menschenvorläufer überhaupt den sicheren vierbeinigen Gang gegen die labile Zweibeinigkeit eingetauscht hätten.
Schwerarbeiter
Beim aufrechten Gang torkelt der Körper, dem britischen Anthropologen John Napier zufolge, Schritt für Schritt an einer Katastrophe entlang». Nur ein aufwendiger, rhythmischer Balanceakt aus sieben eng koordinierten Schritten – Gehen genannt – bewahre den Menschen davor, auf die Nase zu fallen. Er bekam viel Zeit, um diese Balance zu finden, doch gewisse Probleme sind geblieben: die starke Belastung der Füsse beispielsweise.
1500 Schritte müssen sie jeden Tag zurücklegen, sie tragen sehr viel Gewicht und absorbieren starke Schläge. Die Füsse eines Joggers dämpfen Schläge ab, die das Siebenfache des Körpergewichtes ausmachen. Diesem Gewicht halten sie jedoch Stand. Knochen, Bänder, Sehnen und Muskeln sind so fein aufeinander abgestimmt, dass wir uns gar auf unterschiedlichste Weise (fort)bewegen können. Wir können gehen, laufen, springen, hüpfen und tanzen.
1500 Schritte legen Füsse täglich zurück.
Mit ihrer Symbolkraft beflügeln sie auch die Literaten immer wieder. Jede Kultur gibt den Füssen einen anderen Stellenwert, und reich vertreten sind sie auch in der bildlichen Sprache: Man steht auf eigenen Füssen, macht einen grossen Schritt nach vorne, tritt anderen auf die Füsse und bekommt kalte Füsse. In gewissen Kulturen kennt man bis heute rituelle Fusswaschungen als Zeichen der Demut und der besonderen Aufmerksamkeit. Auch die Füsse des Papstes werden geküsst, dies als Geste der Ehrerbietung. Im alten China strahlte der weibliche Fuss Erotik aus, er wurde eingebunden und zum Lotusfuss gepresst.
Reiche Symbolsprache
Umgekehrt ist die Entblössung des Fusses Ausdruck der Demut. Buddhisten, Hindus und Muslime ziehen vor dem Betreten eines Tempels wie auch zu Hause die Schuhe aus. Barfüssigkeit kann aber auch einen besseren Kontakt zu den unterirdischen Mächten ermöglichen.
Schuhe tragen war einst ein Privileg der Götter und ihrer Lieblinge.
Doch Schonung erfahren unsere Füsse wenig. Das beginnt damit, dass Schuhe selten passen. Seit Jahrhunderten werden Schuhe getragen, die nicht der Form des Fusses, dafür aber den sozialen Konventionen und Moden angepasst sind. Männer sind heute weniger anfällig. Während es der Herr gerne zeitlos und bequem hat, zwängt sich die Frau noch immer in spitze und hohe Eleganz. Auch Dr. med. Dieter Nollau schreibt in seinem Buch «Schöne und gesunde Füsse»: «Die Kombination aus Anlage, Vererbung und Eitelkeit ist daran schuld, dass 85 Prozent aller Frauen schon ab 40 Jahren unter Fussproblemen leiden.» Gerade das Tragen von hohen Schuhen führe auf die Dauer zu einem Senkfuss und bringe Füsse zum «Glühen».
Sinnlichkeit des Fusses
Psychologen werden nicht müde, der verborgenen Symbolik des Schuhs nachzuspüren. Sie sprechen von der phallischen Form, deuten ihn als mystisches Gefäss. Manche sagen, Frauen sammelten Schuhe als Ersatzhandlung für Reisen, von denen sie eigentlich träumen; andere sehen darin Symbole ihres Strebens nach Erleuchtung. Kein Wunder: Schuhe tragen war einst ein Privileg der Götter und ihrer Lieblinge.
Sammeln Frauen Schuhe als Ersatzhandlung für Reisen?
Doch angeblich ist dem «schwachen Geschlecht» der kleine Seufzer am Ende eines Tages noch immer lieber als der Verzicht auf den eleganten, aber meistens noch immer durch und durch unbequemen Schuh. Auf Bequemlichkeit komme es nicht an, meint die Modeschöpferin Diane von Fürstenberg. Schuhe wären schliesslich auch ein Schlüssel zur eigenen Seele: «Man blickt hinunter zu den Füssen und zwinkert sich zu.»
Tipps für den gesunden Fuss
Barfuss gehen | Das Barfussgehen ist noch immer die natürlichste Massage, am besten auf Gras oder Sand. Der Fuss kann dabei richtig abrollen und entspannt sich mit jedem Schritt.
Fussmassage | Die Fussmassage lässt sich im Notfall auch selbst bewerkstelligen: Man setzt sich bequem auf einen Stuhl, legt den Unterschenkel des einen Beines auf den Oberschenkel des anderen. Dann mit dem Daumen in kreisenden Bewegungen sanft kneten.
Füsse hoch | Nach langem Stehen sammelt sich das Blut in den Beinen. Bei hoch gelagerten Füssen fliesst das Blut wieder zurück. Auch das Einreiben von Franzbranntwein wirkt wohltuend und entspannend.
Fussgymnastik | Fusszehen spreizen, als würde man mit ihnen Klavier spielen. Regelmässiges Training stärkt die Muskeln der Füsse und macht sie belastbarer.
Fussbad | Nach einem anstrengenden Tag wirkt ein Fussbad wie Balsam. Das geht mit kaltem Wasser bis 18 ºC, mit warmem bis 38 ºC oder indem man abwechselnd in warmem und kaltem Wasser badet. Bei Füssen, die schnell ins Schwitzen kommen, empfiehlt sich ein körperwarmes Eichenrindenbad (erhältlich in Drogerien). Eventuell etwas Thymian- und Eukalyptusessenz zugeben und anschliessend Fusspuder verwenden.